Krimiüberdruss

Veröffentlicht: Februar 4, 2011 in Es missfällt mir., Literatur, Mir gefällt es.
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Einige wenige, erlesene virtuelle Worte und plötzlich habe ich keinen Appetit mehr auf Krimis? Oder macht sich ein länger Anlauf nehmender Überdruss in mir breit?

Keine 50 Seiten vorm Ende liegt „Vatermord“ von Val McDermid lieblos zurückgelassen auf dem Küchentisch. Wann werde ich es auslesen? Um es mit in den Zug zu nehmen erscheint es zu wenig lohnenswert aber kommende Woche nur für ein Ende abermals in die Hand nehmen?

Die Rezensionen dazu waren überdurchschnittlich gut, auch wenn ich es ohne jede Vorahnung erstand. Thalia Büchergutschein machte es möglich. Die erste Hälfte ermüdete mich, ich konnte mir die Namen nicht merken und die ermittelnden Personen nicht auseinander halten. Viel des Erfolgs vermute ich in Datenschutzdebatten um facebookartige Seiten als Mordfinder. Seit der Mitte bekam ich ein Gespür für die Personen, rechne schon jetzt mit einem offenen Ende der Ermittler, damit die Serientauglichkeit bewahrt bleibt, aber es will und will sich nicht so recht auslesen lassen.

Gespräche über Goethe. Goethe. Wann las ich zuletzt Goethe? Faust, klar. Im Studium, wenn auch nicht in Germanistik. Werther, immer wieder reingeblättert. Lotte lässt nicht los, auch auf der Bühne gesehen und abermals gelesen. Aber den letzten Goethe? Muss Jahre her sein. traurig, was? Und so will ich nach Weimar?!Vielleicht lieber erst eine gescheite Gesamtausgabe erstehen – braucht man schliesslich immer mal. Aber: jetzt?

Man spricht über Nabokov. Nabokov? Kommt mir bekannt vor. Eigentlich spricht man gar nicht drüber. Wer war Nabokov? Die Leselust erwacht. Kaufen? Kaufen! Suchen. „Lolita“. Alles klar, darüber stolperte ich nicht zum ersten Mal, allein der Titel genügt, es zu bestellen. „Kaufen“ – klick. Pädophiler Ich-Erzähler, Literaturwissenschaftler zudem, klingt hart, dennoch ärgere ich mich bereits über den Kauf. Vielleicht hätte ich es einfach in der Stadt suchen, kaufen und schneller lesen können? Kein Nabokov am Wochenende. Wer war Nabokov noch gleich? Nachgelesen. „Er ist kein sonderlich engagierter Student, sondern widmet sich eigenen Übersetzungen, Liebschaften und Fahrten nach London. Er veröffentlicht einen ersten Artikel über Schmetterlinge.“ Alles klar, lese ich. Labile Kindheit, Mutteranhang, kränklich. Russische Aristokraten, Flucht, Exil. Das Typische also. Bildungsbürgertum, überbehütet, Berlin. Alles klar. Jüdische Muse – musste ja sein. London, Paris, dann alle berühmten Unis. Klingt doch gar nicht übel. Schach und Schmetterlinge überzeuge mich zwar nicht, aber ich sehe ein: sollte man sich mal ansehen. Nabokov also. Merken. Wenn die Post kommt, werde ich es schon nicht vergessen.

Weiter geht es, ZVAB führt zu Antiquariaten. Kaufrausch die Zweite? Neeeeein! Da gibt es genug ungelesen im Regal. Erinnerungen an ein bestimmtes Antiquariat? Oh ja. Manesses Bibliothek der Weltliteratur, klein handlich, titelt: „Unheimliche Geschichten“. Wie lange man Dinge der Erinnerungen wegen in tiefste Ecken stopft. Tief drin und weit weg zu gleich. Zuglektüre? Vielleicht.

Alles, nur kein Krimi heute, bitte! Thomas Mann auf der Fahrt gen Norden hat nicht geklappt, versuche ich Goethe im Zug Richtung Weimar gar nicht ernst. Vielleicht findet sich noch etwas Ungelesenes von Bernhard im Regal.

Kommentare
  1. Bei überdurchschnittlich guten Rezensionen bin ich zumeist skeptisch. Wie oft bin ich dabei schon reingefallen! War während des Lesens enttäuscht, gelangweilt, frustriert und unzufrieden. Nun, nicht jeder Rezensent ist objektiv, nicht jeder trifft meinen Geschmack und manche, so scheint mir, reiten auf der „In-Welle“ mit. So manches hochgelobte neue Buch von literarischen „Neuentdeckungen“ landete bei mir halb gelesen im Regal oder wurde ins Antiquariat gebracht.
    Ja, manchmal ist „Goethe“ wirklich die bessere Wahl. Beim Zugfahren ist vielleicht die „Italienische Reise“ eine schöne Lektüre.
    LG von Rosie

  2. mentizidal sagt:

    Rezensionen können kaum objektiv sein – wichtig ist herauszufinden, zu sondieren, welcher Rezensent dem eigenen Geschmack nahe liegen könnte.

    Bücher ins Antiquariat.. – so weit bin ich leider noch nicht. 😦

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