Schon nach wenigen Seiten, ja gar Zeilen, war meine Lesulust für Krausser wieder entfacht. „Schmerznovelle“ trägt nicht nur einen vielversprechenden, klingenden Titel, erinnert in Länge und Form an Stefan Zweig, sondern beginnt auch banal faszinierend mit der Einführung des Protagonisten, eines Psychologen, der auf Einladung hin bei seinem ehemaligen Doktorvater zu Besuch weilt.
Es stellt sich heraus, dass der Besuch zum einen Begegnungen mit des Professors Frau, einer ehemaligen Mitstudentin, zu heiklen Dilemmata führt und zum anderen der Besuch dem Zweck dient, einem (zumeist weiblichen) Forschungsobjekt, bei dem der Altmeister nicht recht weiterkam, dem Jungen als Spielwiese überlassen wurde.
Zwischen Wahn und Sinn, zwischen Schmerz und Einfühlung braust die Novelle nur so dahin, die psychologischen Muster wecken große Erwartungen, aber leider, leider bleibt dieser Spannungsbogen nicht gespannt, es fällt sachte ab zum Ende und die Katastrophe wirkt kaum mehr auf den Leser. Möglicherweise gewollt, aber ich wünschte es mir brechender. Lauter. Mit mehr Schmerz.
Nichts desto weniger (das erinnert mich immer noch, fast sechs Jahre nach dem Auswendiglernen, an Brechts Lehrstück) ein nettes Stück Literatur, ein feines Häppchen was den Hunger auf mehr Krausser’sche Abwunderlichkeiten weckt!