ausgelesen: Krausser – Einsamkeit und Sex und Mitleid

Veröffentlicht: April 14, 2011 in Ausgelesen, Literatur
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Einsamkeit und Sex und Mitleid.

Einsamkeit.Und.Sex.Und.Mitleid. Völlig klar und ähnlich deutlich wie:  „Ich geb Dir 100 Euro, wenn ich Dich lecken darf.“ So ist Krausser in diesem Werk, klar, deutlich, fordernd und schonungslos deskriptiv.

Mal ganz ehrlich, allein der Titel des Buches hat es verdient, gekauft zu werden und ganz sicher geschah die Kaufentscheidung nicht zuletzt deswegen. Krausser ist mir in „Eros“ in Erscheinung getreten und hat mittels der „Schmerznovelle“ meine Aufmerksamkeit erfahren, so dass es wenig Überwindung kostete, diesen Roman in die Hand zu nehmen. „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ erzählt viele Geschichten unterschiedlicher Figuren in Berlin, die alle auf ihre Art allzu bekannt sind. Kneipenbedienungen und Trinker, Jugendliche, Migranten, Callboys,  Frauen in der Midlifecrisis – der klassische Querschnitt der gesellschaftsnahen Randgruppen mit kleinen aber doch nicht existenzbedrohenden Problemen.

Jede Geschichte beginnt für sich, bis es im Verlauf des Romans immer mehr Berührungspunkte der Akteure gibt, man trifft sich, zufällig oder auch nicht, interagiert, oder auch nicht. Ein bisschen erinnerte die Struktur mich an Kehlmanns Ruhm, nur sind die Berührungspunkte häufiger, die Geschichten anders und der Handlungsort ausschließlich Berlin (möglch, dass der Berliner sich daran sehr erfreuen kann, mir scheinen die zuordnungen nicht beliebig).

Was das Buch lesenswert macht, ist die Natürlichkeit der Macken und Manien der Protagonisten, die alle ein bisschen „durch“ sind, aber eben lebensfähig durch.  Versprechen werden gemacht, manche sogar eingehalten. Wenn man schreibt, dass es um Beziehungsprobleme, Sex, Alkohol, Freundschaft und Liebeskummer geht, klingt das zu banal um dem lockeren aber nicht läppischen Inhalt gerecht zu werden. Es ist ein bisschen rührend, ein bisschen komisch und ein wenig spiegelnd.

Ach, ich mochte es. Punkt.

Kommentare
  1. Helmut Krausser kam mir just in den Sinn, als ich über das Fräulein Else nachdachte, wie einer von Kraussers obdachlosen Helden sich von einer korpulenten und eher als unattraktiv beschriebenen Dame zum Beischlaf nötigen lässt. Obendrein erinnerte ich mich an eine Dokumentation über Obdachlose, die mehr als freundschaftlich mit ihren Hunden umgingen.
    Lauter Belege, dass Fräulein Else ihr Angebot eher aus Laune und Zufall erhielt. Vielleicht hätte man der Graphic Novel selbst Elses Gesichtszüge ersparen können, ohne den Fortgang der Ereignisse sonderlich zu stören. Lebhaft im Gedächtnis ist mir jener nächtliche Meinungsaustausch 1984, als auf Stube einer von den Abiturienten vorschlug, Berit an sich zwar zu entsorgen, ihr primäres Geschlechtsteil aber chirurgisch zu bewahren: „Wow, feels like a real Pussy!“ preist die Werbung heutzutage Nachempfindungen, welche sich so auf das Wesentliche beschränken.
    Mir gefällt der Herr Krausser auch, jawohl!

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