Archiv für Mai, 2011

Nicht andersherum. Dahl, gut bekannt, längst, die Krimireihe, geschätzt, verfolgt.

Wohl gewusst, dass Dahl das Pseudonym ist, aber mich nie damit befasst, wer eigentlich Jan Arnald ist. Nicht geahnt habe ich, dass er mir lieber werden würde.

Über „Maria und Artur“ kann ich wenig sagen; beide schwedischen Dichter sind mir unbekannt, aber wie sie mir im Buch präsentiert werden, waren sie mir sehr nah.

50 gemeinsame Jahre beschreibt das Buch, auch die Zeit davor und danach um zu zeigen, wie das eigentümliche Schriftstellerpaar sich findet, entwickelt und den anderen ziehen lassen muss. Arnald gelingt es in ansprechend sachlichen Worten ohne Schnörkel eine Beziehung der beiden aufzuzeigen, die trotz aller Tiefen und Enttäuschungen kaum wundervoller sein könnte. Jahrzehnte des Reisens, der Flucht vor dem anderen, Jahrzehnte voller beflügelnder Affären und noch beflügelnderer Liebhabereien, Verliebtseinsphasen und Phasen des intensiven Austauschs mit anderen führten stets dazu, zu erkennen, wo der Heimathafen ist, wo die Sicherheit wartet. Zwei Menschen, die sich höchstens durch ihre Freiheit einschränkten, die sich unendlich liebten und sich stets losliessen, werden dem Leser von Jan Arnald vorgestellt. Wenn ich auch im ersten Drittel noch dachte, ob das metaphernreiche Buch mit seiner stringenten Erzählung zweier Leben mir gefallen könnte, hat es mich in der Mitte überzeugt, nicht zuletzt, weil beide Autoren mitreissende Erlebnisse hatten, um mich zum Schluss, und das ist das beste Zeichen, auf den letzten 10, 15 Seiten mit einer Gänsehaut zurückzulassen. Sie altern. „Sie altern in einer Form von Chaos. Aber dieses Chaos hat dennoch Leben in sich. Sie kommen sich näher. Sie leben in der Klaustrophobie des anderen. Es ist wahnsinnig. Und es ist schön. Es hat eine eigene grausige, erschreckende Schönheit.“ (S. 283)

Ich habe eigentlich kein Interesse an Biographien. Ich habe eigentlich kein Interesse an Liebesgeschichten. Doch uneigentlich ist dieses Buch eine große Bereicherung gewesen.

Jan Arnald: Maria und Artur. Roman einer Schriftstellerliebe. Pieper. München,  2008.

Eine Geschichte über die Liebe zweier Schriftsteller, die selbst ein großer Wortkünstler zu Papier bringt. Noch sind sie sich nicht begegnet, der junge Dichter in den frühen Zwanzigern hat aber, auch wenn es nicht ewig anhält, etwas faszinierendes gefunden: eine Muse. Und mit ihr schreibt Jan Arnald in „Maria und Artur – Roman einer Schriftstellerliebe“ wunderbare Sätze über Arthur, der erste Erfolge in Paris (ganz ohne Klischees) auszukosten versucht, wo er Besuch einer Dame empfängt, zu der der innige Kontakt bisweilen zumeist schriftlicher Natur war.

„Für Stina/Mimi/Sara [alles Kosenamen der gleichen Person] sind die Tage aus einem anderen Stoff als aus Zeit gemacht. Nichts ist wirklich. Sie ist auf der Flucht vor ihrem Ehemann, dem Oberarzt, und vor ihrem bürgerlichen norrländischen Leben. Sie stirbt in diesem Leben, sie ertrinkt in kleinen Unerträglichkeiten, Gesellschaftsmikroben, diesem System, das >>zu Hause<< heißt. Doch jetzt ist sie auf der Flucht, eher als auf der Jagd, und sie ist sich selbst eine völlig Fremde.

Ihm geht es nicht anders. Sie sind Wortmenschen, und beide pendeln zwischen der hochintelletuellen Betrachtung und der impulsiven Gefühlswallung. Das Problem ist, dass ihre Pendel niemals im selben Takt zueinander finden. Sie schwingen aneinander vorbei.“

„Das Wortlose ist ein eitler Traum.  Im Traum erbauen sie ein kleines Universum, das sich von dem anderen unterscheidet, dem gewöhnlichen. Seine Hände sprechen, ihr Empfangen ist ihre Rede.

Sie haben im Park nie ein gesprochenes Wort gehört. Nicht einmal der Parkwächter spricht, der um elf Uhr kommt und Illusion um Illusion zerstört und Seele um Seele zurück wirft in die herbe Wirklichkeit.“

Around and around..

Veröffentlicht: Mai 22, 2011 in Streetart
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… liebt Dich…

Veröffentlicht: Mai 20, 2011 in Streetart
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Fukushima

Veröffentlicht: Mai 20, 2011 in Streetart
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Durch ein Fenster aufgenommen, dies bitte ich zu entschuldigen.

Jesus

Veröffentlicht: Mai 13, 2011 in Streetart
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Mit Hunden zum Erfolg.

Veröffentlicht: Mai 10, 2011 in Frakshow des Alltags
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Dann und wann liest man darüber, dass hippe Trendmagazine Flirttipps geben, die garantiert zum Erfolg führen. Ich hörte, Hunde seien angeblich so ein Erfolgsgarant, andere kennenzulernen. Bisher nahm ich an, es ging dabei um einen Tummelplatz Gleichgesinnter, also eine Variante a) Menschen zu finden, die keine Tierhaarallergie haben oder b) den perfekten Partner, der bereits einen Hund hat, damit man sich selbst keinen zulegen muss oder c) ein Wesen zu ergattern, was so einsam ist, dass es alle Liebe einem Tier schenkt bis hin zu d) der Möglichkeit eigene Defizite zu kompensieren, wenn Pfiffi die Komplimente vorbeitrabender Grazien erhascht.

Als ich vorhin am Wasser entlang tigerte, begegnete mir eine ganz neue Variante des Bindugspotenzials von Hunden.

Ein groß gewachsener, ausgeprägt stämmiger Herr, ich schätze um die 40, unklar ob er beabsichtigt eine Glatze als Frisur trug, kam mir entgegen. In seiner Hand eine Leine zu einem unkontrolliert um ihn herum pirschenden Collie, der die Leine fast treffsicher als Stolperfalle zu benutzen wusste. Auf der Höhe des ausgewachsenen Herrchens angekommen strahlte er (der Mann, der Hund nahm keine Notiz von mir!) mich an, reichte mir die Leine, und sagte:

„Hier, schenk ich Dir.“

Da ich von derartigen Varianten noch nie las, war ich schneller weg als ich antworten konnte und hoffe nun, dass der Hund nicht regelmäßig verschenkt wird.

Schwarze Galle.

Veröffentlicht: Mai 8, 2011 in Es missfällt mir.

Es scheint die Sonne, dazu weht ein laues Windchen, bestimmt ist es herrlich draussen. Es ist Sonntag, ich habe keinen Zeitdruck, keine Termine. Ich habe alles, was ich immer wollte, viele ungelesene Seiten ansprechender oder nötiger Bücher warten auf mich. Es ist warm, ich werde angerufen und bekomme freundliche Post, Menschen wollen mich besuchen, ich wollte aufs Rad.

Und was tue ich? Liege im Bett, und kann nicht schlafen. Sperre die Sonne aus, gehe nicht ans Telefon, will das Haus nicht verlassen, dulde keinen Besuch. Arbeite nicht, lese nicht, freue mich nicht.

Es ist alles immer das gleiche, wechselt man auch Elemente aus. Ich habe es so satt, diese Kreisläufe austauschbarer Ereignisse und Taten, die einen nur kitzeln, kratzen vielleicht aber irgendwann spurlos verschwunden sind.

Ich will schlafen!

Nochmal Krausser, sein Neuster. Wenn mir ein Autor einmal gefällt, so bei „Eros“ und „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ geschehen, lese ich gern bei ihm weiter; an Neuerscheinungen komme ich kaum vorbei, auch wenn der Klappentext (s.u.) nur semispannend klingt.

„Die letzten schönen Tage“ war schnell gelesen, und trotzdem ein Buch, über das die Meinung sich im Leseverlauf veränderte. Als ich begann, dachte ich zunächst: typisch. Moderner Plot, Figuren mit Alltagsüberdruss, Beziehungen, die sich nichts mehr geben, Ausfluchten. Das Übliche eben. Wieder beginnen, so denkt man, einzelne Geschichten, deren Handlung mehr und mehr ineinander zahnt, bis sich, anders als im Vorgängerroman, herausstellt, dass es eine einzige,  episodenhaft festgehaltene Geschichte ist.

Es geht um Serge, einen Werbetexter, dessen Freundin und ihre Liebschaft, Serges Kollegen, des Kollegens neuerdings lesbische Mutter und ihre Freundin wie Reisepartnerin, eine zu pflegende Katze und den Versuch, das Leben in Deutschland unter Wahn und Krankheit auf einer warmen Insel weiterzuführen. Die Handlungen sind bei Krausser gar nicht überaus innovativ, aber was sie reizvoll macht, ist die Inszenierung der Form und der Alltagsspiegel. Ich kann mir gut vorstellen, dass Kraussers Romane Abziehbilder einer Zeit sind, die in seinen Worten konserviert sind. Zeitlos sind sie jedenfalls nicht.

Was erst langweilig begann, wurde mehr und mehr eine lesenswerte Geschichte, in der man für jede beteiligte Person den Buchtitel neu interpretierte. Leider wird es dadurch auch kein Buch der erinnerungswürdigen Oberklasse, aber für belletristische Unterhaltung ist es nach meinem Empfinden zumindest solide. Kann man machen..

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Klappentext: Serge Hanowski ist Mitte dreißig und Werbetexter in einer Berliner Agentur. Er ist manisch – mit einer Prise diabolischem Feuer. Eines Nachts wartet Serge auf die letzte Bahn nach Neukölln, als er auf den Gleisen ein Centstück liegen sieht. Er weiß sofort: Das ist mein Glückscent. Aber runterspringen? Die Vernunft siegt. Serges größter Wunsch ist es, endlich seine Freundin Kati zu heiraten. Was er nicht weiß: Kati hat ein Verhältnis mit seinem Arbeitskollegen David. Doch sie entscheidet sich für ihn und eine gemeinsame Auszeit auf Malta. Die beiden kommen bei den halbseidenen Angestellten eines Online-Poker-Servers unter, was ihr Leben nicht einfacher macht. Und auch auf der Insel wird Serge von Eifersucht getrieben. Er hackt sich in Katis E-Mail-Zugang ein und beginnt in ihr Leben einzugreifen. Kati kann nur ahnen, wozu Serge in der Lage ist. Tempo, Witz und die Fallstricke einer Dreiecksbeziehung machen Helmut Kraussers neuen Roman zu einer rasanten Tragikomödie um Liebe, Entsagung – und nahrungsverweigernde Kater.

Nachdem ich nun mit einiger Begeisterung das eine oder andere Buch von Helmut Krausser gelesen hatte, hielt ich es für angemessen, zu dessen Anfängen zurück zu gehen und zu schauen, was ihn bekannt(er) gemacht hat.

Es erging mir wie so oft, wenn ich Großes erwarte. Obszön wird es beschrieben, vulgär, das erste Kapitel titelt irgend etwas von „Kampfmösen“. Na, meinetwegen. Möglich, dass ich 1992 ziemlich geschockt gewesen wäre, leider berührt mich heute die Geschichte des Obdachlosen mit dem sprechenden Namen Hagen Trinker gar nicht mehr. München, wo die meiste Handlung spielt, ist mir nicht bekannt, ich kann mir vorstellen, dass es interessant wäre, den Protagonisten durch vertraute Milieus zu begleiten.

Eigentlich klingt alles ganz gut: es geht um Hagen, der sich in eine Ausreißerin verliebt, es geht um deren Umfeld, einen minderjährigen Jungen mit Idealen und viel Loslösung von Konventionen.

Trotzdem habe ich mehr erwartet und „Fette Welt“ schaffte es nicht über den Status eines Frühstücksbuches  hinaus. Jeden Tag ein paar Seiten lesen, schamlos Nutellaflecken auf Seiten schmutziger Deflorationsbeschreibungen verteilen und mangelnde Spannung erfahren, die nicht motivierte, das Buch vom Küchentisch zu entfernen.

Manchmal war es vielleicht ein wenig ekelig, manchmal übte es ein bisschen Kritik und manchmal berührte es Fragen der Menschheit: aber nichts davon sickerte wirklich zu mir durch, blieb alles nur fader Beigeschmack. Vielleicht lohnt es, sich Jürgen Vogel als Hagen Trinker anzusehen, statt sein Geplapper zu lesen.

Das Wollen verkümmert.

Veröffentlicht: Mai 5, 2011 in Persönliches
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„Du schaffst das!“ Ja, vermutlich.

„Du kannst das!“ Klar, ich weiss schließlich, was ich kann.

„Du machst das schon.“ Sicher, wenn ich es denn mache.

Es zeigt sich, dass zumeist nicht das Schaffen, Können oder Machen elementare Probleme darstellen, sondern vor allem das Wollen, wie Mademoiselle mir eifrig bestätigte. „Wir müssen mehr wollen!“, sagte sie. Will man nur wirklich, dann geht so vieles. Mögen genügt nicht, wünschen, denken und hoffen reichen oft nicht aus, Wollen ist notwendig. Aber wer will schon kompromißlos etwas. Es ist selten, es geht so oft auch ohne.

Hätten wir bloß häufiger einen starken Willen, zielgerichtet auf ein Begehren, müssten wir uns viel seltener dem nicht immer geschätzten Zufall hingeben. Möglich, dass Schopenhauer bedacht hat was er meinte, als er sagte:  „Alles Wollen entspringt aus Bedürfnis, also aus Mangel, also aus Leiden. “

Solange es uns (zu) gut geht, wollen wir einfach nicht genug. Es bleibt die Frage:

„Was willst Du überhaupt!?“