Archiv für November, 2011

„Die Paradoxie gehört sonderbarerweise zum höchsten geistigen Gut;

die Eindeutigkeit aber ist ein Zeichen der Schwäche.“

Am Wochenende ging ich ins Kino. Des Kinos wegen, denn ich mag es, mit dem Fahrstuhl bis in die Kuppel des Hauses zu fahren, wo alte Teppiche faltig die Wände bedecken, die Sitze so alt sind, dass deren Aufstellung noch nicht gestuft ist und man den Staub im roten Samtvorhang zu riechen meint.

Was es dort gab? Das hier:

Zwei durchaus etwas verschrobene Männer von nicht geringer Wirkkraft, dazwischen eine helle Frau, die spannend (und in diesem Fall: hübsch, Keira Knightley, selbst wenn ihre Brustwarzen geschickt inszeniert aus dem Korsett rutschen) genug ist, um ihre Abgründe sehen zu wollen, denn kürzlich lernte ich: Menschen ohne seelische Abgründe sind unspannend, machen die Filmhandlung zu einem voyeuristischen Vergnügen, was aufwiegt, dass es sich eigentlich kaum um größte Filmkunst handelt. Bestimmt hat der Film Längen, aber ich mochte ihn. Sehr.

Das Spiel der Ästhetik, das permanente überwinden eigener Moral und das eigene Kranken wiederum darunter haben mir sehr gefallen. Kein schlechter Film in noch besserer Begleitung und einem gemütlichen Raum war mir da beschert. Einzig, dass ich das Durchschnittsalter (und vermutlich auch den Bildungsgrad) stark senkte, konnte nicht ohne spitze Bemerkungen bleiben.

A Dangerous Method“ ist in meinen Augen der schönere Titel und manchmal waren die Nebenrollen (auch in ihrerer Hässlichkeit) einen genaueren Blick wert. Vincent Cassel (als Otto Gross) sah ich bei einem meiner letzten Kinobesuche im Black Swan erst – mit ähnlichem Frauenverschleiß. Abartiges kann also anziehen.

Immerhin wurde der Film bei allem Gerede über Sexualtriebe nicht flach und ersparte dem Zuschauer ohne Vorkenntnisse auch nicht verständliche asuschweifende Exkurse in psychoanalytisches Fachvokabular.

Wortlos. Tatlos.

Veröffentlicht: November 5, 2011 in Persönliches

I.

Stunde um Stunde. Stunde um Stunde. Stunde um Stunde.

Blick nach Vorn.

Blick ins Leere.

Blick ins Licht.

Gleichbleibende Körperhaltung, gekrümmte Finger fliegen.

Blick nach Vorn.

Blick ins Leere.

Blick ins Licht.

Flacher Atem, bebende Brust hebt sich.

Blick nach Vorn.

Blick ins Leere.

Blick ins Licht.

Stunde um Stunde. Stunde um Stunde. Stunde um Stunde.

 

II.

Dunkel:

Wenn Du hinter mir stündest

und schweigend eine Hand

auf meine Schulter legtest,

wüsste ich,

sie würde mich nicht erdrücken.

 

III.

Doch:

Blick nach Vorn.

Blick ins Leere.

Blick ins Licht.

Stunde um Stunde. Stunde um Stunde. Stunde um Stunde.