Was soll’s. „Hochschultage gegen Sexismus und Homophobie“ hat mich als fetter Banner auf dem Weg zur Arbeit begrüsst.
Das mit der selbstbehaupteten Homophobie kann ich längst nicht mehr jedem glaubhaft machen aber so in Grundzügen gehöre ich vielleicht doch noch zu den von Regenbogenaktivisten bekehrbaren schlimmen Fingern. Oder ist das ein bisschen wie Gender, was man als gesellschaftliche Annahme spannend findet, weil man Brüste hat? Jeanie ist eine Frau ist Feministin? Im Notfall versichere ich es authentisch!
An der Mensa dann ein schicker Aufkleber. Schneewittchen, da schaue ich doch gern hin. Aber Schneewittchen als moderne Feministin? Gefällt mir. Weil mir Schneewittchen gefällt. Weil mir die Farben gefallen.
Ich beginne mir in der Rolle, die derweil mein liebstes Kostüm trägt, zu gefallen. Wenn ich in das gelbe Kleidchen gestiegen bin, haben mir noch nie 7 Männer zu Diensten gestanden. Was ist das bitte für ein Feminismus, in dem das mit der Gleichberechtigung immer noch umgedreht ist? Nix Gleichberechtigung: Männer kochen, beziehen Betten und lassen die Dame frei walten. Wenn ich genauer darüber nachdenke, finde ich Feminismus plöztlich ganz sexy, wäre da nicht diese Waffe im Bild. Auch das Püppchen mit ihren – wenn auch minimierten – weiblichen Attributen spricht mich an. Ich finde das Püppchen sexy – ist das Sexismus? Ich gräme mich.
Tschuldigung Asta, aber mit Waffen, da kann ich gar nicht um.
Der Tag vergeht und ich denke immer wieder daran, wie ich mich nun zum Feminismus verhalte, aber mit Gleichungen kenne ich mich leider sehr viel schlechter aus als mit Grimm’schen Hausmärchen. Man kann sich ja mal inspirieren lassen. Haare schwatt, kein Ding. Blaß werden gelingt mir mit etwas Mühe auch und falls der Winter dieses Jahr noch über uns hereinbricht, werde ich leidenschaftliche Selbstzerstörung walten lassen und ein bisschen Blut in den Schnee tropfen (denn Blut im Schnee ist wahrlich hübsch – auch wenn das jetzt bestimmt das totale Entjungferungsszenario sein dürfte). Möglicherweise besteht noch Chance, meine Schönheit zu maximieren, denn am Wochenende hat mir die Stiefschwester odentlich den Rang abgelaufen.
Ich schweife ab, zurück zum Feminismus, den ich heute mit materiellem Konsumzwang in christlicher Tradition paarte und in meinem nach anfänglichen Problemen in der Annäherung geschätzten Frauenkollektivbuchladen fand. Gestöbert, beraten, gelesen, alles von Frauen, ist super, denn sie wissen, was sie tun. Oder so ähnlich.
Als moderne Feministin ist man ja durchaus auch gern käuflich (auch wenn Frau Schwarzer gestern beim Jauch wieder nicht allzu optimistisch war hinsichtlich der Prozentzahl sozialversicherter Prostituierter und deren Freiwilligkeit, aber zum Glück ist meine Geschenkegier freiwillig) und freut sich – ganz unfeministisch allerdings – über Geschenke.
Das Geschenk war toll. Danke lieber Buchladen. Ich habe mich sehr darüber gefreut (es war ein Hardcover von Vera Kaiser drin, „Blasmusikpop“ – ich werde den Titel nicht weiter kommentieren). So richtig sicher bin ich mir aber über meine eigene Position nicht mehr.
Vielleicht hätte ich mir freinehmen sollen, um im angekündigten Vortrag zu erfahren, was Feministische Pornos sind, stattdessen muss ich arbeiten, werde mir gelegentlich die Tür aufhalten lassen und am späten Abend wichtigen Herren ihre Getränke servieren.
Die Welt überfordert mich. Vielleicht bin ich längst Feministin (ich mein, ich find mich dufte in meinem Schneewittchenkostüm ohne Waffe) und merke es gar nicht. Und dann?