In Anbetracht dessen, dass Thomas Glavinic Gast in der Stadt sein wird und unter der Selbsterkenntnis, dass ich es nicht ertrage, wenn meine Gesellschaft mehr gelesen hat als ich, stand ich – fast zufällig- am Wochenende vor Glavinics neustem Roman und dachte: Joa… – kaufste!
Auf dem Klappentext etwas von Whiskey und Koks, brutalen Morgen und einem verschanzten Typen, der sich einer virtuellen Internetgemeinde offenbart. Klingt exakt so, als müsste ich es dringend lesen. Das tat ich dann auch, nicht ohne mich an eine gute Kritik zu erinnern, die davon sprach, ein Meisterwerk Glavinics gefunden zu haben, ganz in der guten Tradition aktueller Momentaufnahmen, kritisch, zynisch, lustig.
Tja, all das vermisste ich etwas auf den kurzen 200 Seiten, die „Tom“ die Hörer zuquatscht. Immer wartend auf die Steigerung, auf ein Ende mit Grund oder zumindest eine Auflösung der enormen Gewaltandeutungen und Lisas Rätselhaftigkeit. Nix.
Vielleicht verstehe ich in den kurzen Absätzen unformatierter, ungehobelter Sprechsprache die Genialität des Autors einfach nicht zwischen all den Banalitäten. Vielleicht bin ich zwischen Flutopfern und Verstrahlten auch nicht mehr empfänglich für subtilste Gesellschaftskritik und kleine Anekdoten, aber so wie ich dieses Buch las, war es leider schlichtweg überflüssig. 17,90 Euro dafür, dass ich Monologe eines zugekoksten Trinkers höre (lese!), dessen Abgedrehtheit nicht genügt, um spannend zu sein.
Ein letzter Funken Hoffnung bleibt, dass der Zugang vorgelesen ein anderer ist, denn im Prinzip ist es eine gedruckte Dauerradiosendung. Gedruckt bewirkt es in mir genaugenommen gar nichts.
Schade, Herr Glavinic, aber ich werde Sie trotzdem anhören kommen.
Sehr treffend hat der Protagonist es auf den Punkt gebracht: „Das hört sich alles wieder so misanthropisch an. Ich bin keiner, ich bin kein Misantroph. Ich bin nur ein Leidender am Gesamtzustand der individuellen Unerträglichkeit.“