Mit ‘Reise’ getaggte Beiträge

Reisebericht, die erste.

Veröffentlicht: Juli 5, 2011 in Aus Langeweile
Schlagwörter:, , , , ,

Oder: auch ICE- Fahrer erfüllen ein Stereotype.

Rappelvoller Zug, klar Feierabendverkehr, und das Herdentier Mensch versucht beim Halten desselben synchron durch eine Tür zu streben. Da ich mich optisch nicht in den ungeschriebenen Dressdcode einfüge, brechen ich gleichsam mit dem Regelwerk und wähle eine Tür nahe der Lock. Die schwere Bürde eines fast leeren Abteils ertrage ich tapfer. Einzig das schwere Atmen, nein eher Schnaufen, eines Mitreisenden ekelt mich wahrlich an. Offenbar leidet er sogar im Sitzen unter seinem Gewicht. Wir freuen uns bestimmt beide, wenn ich gleich meine lila Kopfhörer auspacke und hämisch paranoid zu  grinsen beginne.
Meine anderen Mitreisenden schauten interessiert, als ich dank eines eingehenden Anrufes das Wort „Trachtenverein“ aussprach und glauben nun bestimmt, eine reiche Tante hätte mir das teure Zugticket gesponsort.

Warum habe ich eigentlich keine Schokolade dabei?

Oder wenigstens Chinaöl, denn ich wüsste nicht, was ich sonst gegen den Geruch von McDonaldsburgern machen sollte, den man nur erträgt, sofern man den Fraß selbst konsumiert.

In Erinnerung an Dublin.

Veröffentlicht: März 23, 2011 in Persönliches
Schlagwörter:, , , , , ,

In Erinnerung an Menschen.

Nach wie vor erinnere ich mich nicht genau, in welchem Jahr ich nach Dublin flog, ich könnte es nachschauen, aber es spielt doch kaum eine Rolle, ob es 2001 oder 2002 war. Es war mein erster Flug, das erste Mal, dass ich ein Land über den Luftweg verliess, eins der wenigen Male, dass ich das Land verliess, zu jener Zeit.

Auf dieser Reise führte ich ein „Tagebuch“, in dem ich nun gern blättern würde, doch das ist leider nicht möglich. Ich verschenkte es damals – mit Bedacht.

Die Entscheidung für die Studienreise vor dem Abitur fällte der Lehrer, der in unserem Englisch-Kurs (kaum zu glauben, dass ich einmal glaubte, Englisch und ich könnten Freunde werden) seine letzte Verwirklichung vor seiner Pension sah. So sehr wir über ihn lästerten, so ein guter Mensch war er auch, der uns keine Klausur zu schwer gestaltete und Wissen anbot, ohne zu dozieren. Wir sollten also sündhaft teuer nach Dublin reisen und er setze zu seiner Bequemlichkeit eine Flugreise durch. Dublin, seine Stadt der Städte. Bis zum vergangenen Wochenende waren die meisten Erinnerungen an diese Fahrt wie weggeblasen, aber nach und nach kamen sie zurück. Es wurde eine Reise aus dem Bilderbuch, mit Aktivitäten, die für junge Abiturienten zu attraktiv erschienen, es wurde seine Reise. Leider verstarb er wenige Tage vor Reisebeginn und wir mussten die Fahrt getrübter Stimmung allein antreten, kein anderer Lehrer konnte würdiger Ersatz sein.

Was in Dublin geschah, war für mich zweitrangig, denn an vieles entsinne ich mich nur schemenhaft. Wäre ich nicht dieses Wochenende durch die Stadt gelaufen und hätte mich erinnert gefühlt, beim Anblick des Trinity Colleges und des Book of Kelts, beim Rugbyspiel der Collegemannschaft, beim Flanieren durch die Strassen mit ihren hübschen Türen, beim überqueren der Brücken – ich hätte kaum gewusst, was ich damals gesehen habe. Ein Gefängnis, die Jameson Destille, einen Park mit Shakespeare-Aufführungen und Temple-Bar, die ich allerdings optisch nicht erinnerte, nicht einmal als ich mittendrin stand. So war Dublin damals und so war es jetzt. Anders war lediglich, dass ich aufgehört habe, über meine Reiseerlebnisse Tagebuch zu führen;  nur einige wenige Postkarten fanden einen Weg aus dem Land. Es gibt keinen Adressaten mehr, dem ich durch das Wort so nah sein wollte. Vielleicht gibt es sogar Adressaten die es verdienten, bei denen ich es wollte, doch keinen, bei dem ich meine Worte so gut aufgehoben geahnt hätte wie damals, keinen, von dem ich das Gefühl gehabt hätte, er würde es würdigen, wenn ich Seite um Seite in ruckeligen Bussen beschmiere, allein um des Gefühls willen, ihm in Gedankennähe zu kommen.

Das Internet war noch kein alltägliches Medium vor 10 Jahren, aber durchaus in Benutzung; es war jene Zeit, in der wir uns noch nicht zwischen Briefen und Emails entscheiden konnten, weil jedes Abrufen der virtuellen Post Geld kostete und die Suchtgefahr, sich ständig einzuwählen zu groß war im Hinblick auf die Geldbeutelbelastung. Unser schäbiges Hostel hatte bereits einen internetfähigen Rechner und Abend für Abend fütterte ich ihn mit Münzen, um die Worte des Adressaten lesen zu können. Es verging kein Tag ohne, ich hätte schon damals – wenn auch aus anderen Gründen – nur mit Mühe den Blick vom Emailpostfach abwenden können.

Als ich dieses Wochenende in Dublin war, war vieles meinem letzten Besuch ähnlich. Das Publeben blieb und wuchs in den Vordergrund, das Gefühl der Entspannung, die fremde Städte ausstrahlen, weil man auf Menschen trifft, die keine Alltagssorgen mit einem teilen, bereitete sich wie erhofft aus. Einst lernte ich Weltenbummler im Hostel kennen (oh, wie spannend diese Welt für mich war! Argentinier und Spanier hatte ich, frisch volljährig, bestimmt nie zuvor getroffen!), nun fühlte ich mich im Pub – nicht immer ohne Geringschätzung – wie beim Speeddating unter Norwegern und Finnen, Amerikanern, Iren, Deutschen, Spaniern und anderen, durchaus netten Unbekannten, so kurz waren die Zeiten, in denen man mit zwei Mädels allein bei Livemusik herumstehen konnte.  Beide Male hatte ich viel Spass, ohne Frage.

Die Erinnerung an Damals liess sich im Jetzt nicht ganz ausschalten. Was wohl aus meinem „Dublintagebuch“ geworden ist? Vermutlich hat dieses Heftlein voller Briefe und Notizen, voller Belanglosigkeiten und tiefen, emotionalen Aussprüchen kein gutes Schicksal ereilt. Es könnte im Altpapier gelandet sein oder einem der zahlreichen Umzüge zum Opfer gefallen sein, vielleicht ist es auch in Rauch aufgegangen.

Nicht, dass ich es allzusehr vermisst hätte… aber die Vergänglichkeit des Papiers, die Ernüchterung, dass auch die Sicherheit, sich an den rechten Adressaten zu wenden, vergänglich ist, hat mich diesmal davon abgehalten, mehr zu schreiben als ein halbes Dutzend knapper Postkarten. Der Austausch fehlt mir. Die Tatsache, dass Personen kommen und gehen, habe ich akzeptiert, aber die Erinnerung bleibt. Ich erinnere mich, dass ich mich einst in Dublin so gern an diesen Menschen erinnert habe, dass nur Worte meine Gedanken milderten. Das ist so lange her.

Illusionsweltreise.

Veröffentlicht: Dezember 9, 2010 in Persönliches
Schlagwörter:, ,

W regt eine nicht realisierbare Planung an.

LOGANE flüchtet sich in kluge Begründungen und weise Sätze.


W:  Botschaft verstanden! Wir sehen uns eben nicht. Pah!
Logane: Ich muss doch irgendwie rationalisieren, dass es jetzt nicht klappt…
W: Nö, musst Du nicht. Ich werde mich trotzdem vor Sehnsucht  in den Schlaf weinen … Melancholia ist mein Freund.
Logane: Du lässt Dir auch gar kein Vergnügen nehmen!
W: Nein, sollte ich? Ich dachte, Deine Aufgabe bestünde darin, mich zu vergnügen!?
Logane: Ah ja, vielleicht hatte ich da was verwechselt?
W: Was denn? Meine Illusionswelt mit Deiner?
Logane: …interessant, dass ich dort für die Bespaßung verantwortlich bin; und hier für die Verhinderung derselben… schätze ersteres ist gesünder, vielleicht sollte ich einziehen in Deine Illusionswelt.
W: In meiner ist es ganz lauschig. Du bist mir sehr willkommen. Und ich habe dort die Kategorie „Dein Wohnort“ definitiv mit der Kategorie „Wohlfühlen“ verknüpft.
Logane: Stellst du mir meine potenziellen Zimmer/Zellen vor?
W: Was, Du willst mehr als die Vitrine im Wohnzimmer, die ich für schmucke Deko in Lebensgröße vorgesehen hatte? Was möchtest Du denn? Zimmer oder Zellen? Interessant, dass du fragst..
Logane: Werde mich weder in der Kategorie „Mein Wohnort“, noch in der Kategorie „Wohlfühlen“, so sehr ich das schätze, auf Dauer aufhalten wollen. Von letzterem wird man mit Sicherheit weich im Kopf, von ersterem vielleicht auch. Ja, vielleicht die Vitrine…
W: Die reservier ich Dir! Und: Du hättest Ausgang zwischen den Kategorien. Es gibt natürlich noch mehr, die Ungesagten. Sonst besteht ja Fluchtgefahr. Das will ich auch nicht.

(Pause)

W: Nun, eigentlich wollt ich doch nur einmal etwas nettes sagen, keine Grundsatzdiskussion anregen.
Logane: Danke, habe es auch so verstanden. Und ‚Ausgang zwischen den Kategorien haben‘ hat mich auch sehr gefreut!
W: Ich lass‘ das besser mal so stehen, sonst redet mein loses Mundwerk nur wieder etwas kaputt. Bewegungsfreiheit macht es reizvoller. Die Vitrine ist raus.
Logane: Ich ziehe auch nicht in jedwede Illusionswelt zum Einzug in Betracht. Muss den Hausbesitzer schon leiden können.
W: Oh… gut. Aber Du weisst ja auch noch nicht, welche Paradoxien in meiner Illusionswelt existieren!
Logane: Zumindest mit dem Vorhandensein von Paradoxien würde ich rechnen. Und dann, irgendwann, unverhofft hineinstolpern…
W: Möchtest Du oder fürchtest Du? Vielleicht sind jene ja auch ganz unterhaltsam. Ich mache immer noch einen großen Bogen um diese Kellertüren und erklimme lieber auf der wachsenden Himmelsbohne luftige Höhen unbeschwerten Klimas. Atmen. Möchtest Du mit?
Logane: Das klingt gut. Dann hast Du sie ja recht gut untergebracht. Ich glaube, bei mir bestünde die Gefahr, in luftiger Höhe unversehens eine Kellertür vorzufinden.
W: Gut, aber ich seh‘ schon: Eine temporäre Illusionsweltreise könnte man wagen. Klingt lohnenswert.
Logane: Sicher, warum nicht? Nur noch das richtige Fahrzeug finden, und vielleicht die Kellertüren verrammeln, oder Warnschilder vor bodenlose Abgründe stellen-  um die Neugier noch ein wenig mehr anzuregen.
W: Natürlich, damit wir uns von hinten anschleichen…?! Als Wegzehrung eine Flasche Wein und Käse, bitte. Ich glaube Hunger gibt es dort nicht, nur Genußbedarf. Welches Fahrzeug zu nehmen ist, darfst du entscheiden. Aber ich werde just testen, ob die Dusche als Beamer taugt..
Logane: Viel Glück damit! Ich glaube, ich gehe doch eher zu Fuß. Und wünsche Dir, dass es funktioniert. Wir sehen uns dann dort.

(Pause)

W denkt sich fort.